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Erfolgreiches Wissensmanagement ist eine Frage der Motivation

Da Technologien, Systeme und Jobs immer komplexer werden und mehr Problemlösungskompetenz sowie innovatives Denken erfordern, sind Wissensmanagement und organisationales Lernen erfolgskritische Kompetenzen für Unternehmen in der heutigen technologiegetriebenen Welt.

Diese Kompetenzen können durch Technologien und Plattformen flankiert und unterstützt werden, ihre Entfaltung hängt aber im Wesentlichen vom Verhalten der Mitarbeitenden ab, z. B. davon, wie sie Wissen innerhalb der Organisation erwerben, speichern, verarbeiten und übertragen.

Das Verhalten der Mitarbeitenden wiederum resultiert aus der Motivation der Mitarbeitenden. Die Motivation ist im Wesentlichen das Ergebnis von Kontextfaktoren und zum Teil von Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeitenden. Das bedeutet, der Schlüssel zu einem erfolgreichen Wissensmanagement ist, zu verstehen welche spezifischen Kontextfaktoren einer Organisation auf die Motivation der Mitarbeitenden wirken.

Wissen muss man teilen wollen

Das grundlegende Verhalten der Mitarbeitenden für erfolgreiches Wissensmanagement und organisationales Lernen ist „Wissen zu teilen“ (Wissenstransfer). Das heißt, Wissen für andere innerhalb der Organisation bereitzustellen und beinhaltet eine bewusste Handlung seitens des Mitarbeitenden, der das Wissen besitzt. Dabei kommt es sowohl auf die Häufigkeit, mit der Wissen geteilt wird, als auch auf die Qualität oder Nützlichkeit des geteilten Wissens an.

Mitarbeitende können nun – abhängig von den Umgebungsbedingungen – unterschiedlich motiviert sein, um Wissen zu teilen. Bedauerlicherweise können Mitarbeitende aber auch motiviert sein, Wissen bewusst nicht zu teilen und Wissenstransfer absichtlich vereiteln. Um die organisationsspezifischen Faktoren für erfolgreiches Wissensmanagement zu verstehen, macht es Sinn sowohl die vorhandenen Kräfte zu analysieren die positiv auf die Bereitschaft Wissen zu teilen wirken, aber vor allem auch die Rahmenbedingungen in der Organisation zu verstehen, die Mitarbeitende eher motivieren, Wissen zurückzuhalten oder zu verbergen, das von einer anderen Person angefordert wurde. Zu den Strategien, um Wissen absichtlich zurückzuhalten, gehören ausweichend zu sein (z. B. zu sagen, dass man teilen wird, es aber nie zu tun), sich dumm zu stellen (d. h. so zu tun, als wüsste man etwas nicht) und zu rationalisieren (z. B. einen Grund dafür zu nennen, warum man Wissen nicht teilt).

Wissen teilen und zurückhalten sind unterschiedlich motiviert und meist voneinander unabhängig. Es könnte beispielsweise sein, dass eine Person in einer konkreten Situation sowohl eine Motivation verspürt, Wissen zu teilen (z.B. durch den Wunsch einem Kollegen zu helfen) und gleichzeitig motiviert ist, es nicht zu tun (z.B. weil die Person dann andere eigene Verpflichtungen nicht erfüllen kann).

Es gibt zwei Qualitäten von Wollen

Wenn wir das Verhalten von Menschen in einer Organisation verstehen und ggfs. Rahmenbedingungen gezielt verändern wollen, unterscheiden wir zwischen autonomen und externen Formen der Motivation.

Zu den autonomen Formen der Motivation gehören die intrinsische Motivation und die identifizierte Regulation. Diese autonomen Formen der Motivation können durch äußere Rahmenbedingungen nur indirekt beeinflusst werden. Menschen handeln aus eigenem Antrieb, selbstständig und freiwillig, wenn sie für eine Handlung durch autonome Motivation angetrieben werden. Resultat dieser Form der Motivation sind in der Regel bessere Arbeitsergebnisse, höhere Ausdauer und besseres Wohlbefinden. Grundlage dieser Form der Motivation ist, dass die Tätigkeit selbst Freude bereitet oder einem Zweck dient, der der ausführenden Person wichtig ist. Tätigkeiten bereiten Menschen immer dann Freude, wenn sie die Tätigkeiten weitestgehend selbstbestimmt ausführen können und dabei ihre eigene Kompetenz erleben oder verbessern können.

Externe Formen der Motivation entstehen nur durch direkten Einfluss aus der Umgebung. Beispielsweise wird eine Tätigkeit ausgeführt, um eine soziale (z. B. Anerkennung) oder materielle (z. B. Bonus) Belohnung zu erhalten oder um eine soziale (z. B. Kritik) oder materielle (z. B. Arbeitsplatzverlust) Bestrafung zu vermeiden. Diese Art der Motivation ist oft nur schwach mit Arbeitsleistung und Anstrengung verbunden, da die geforderte Tätigkeit nur genau in dem Maße erbracht wird, wie es notwendig ist, um die Sanktion abzuwenden oder die Belohnung zu erhalten.

Gerade bei komplexen Tätigkeiten, ist es kaum oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich, ausreichend Leistungskontrollen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die gewünschte Tätigkeit tatsächlich in dem geforderten Maße ausgeführt wird. Die Organisation muss sich dann darauf verlassen, dass der Mitarbeitende das aus eigenem Antrieb heraus macht.

Natürlich ist es so, dass wenn keine autonome Motivation zu einer Handlung besteht, externe Formen der Motivation meist noch besser sein können als gar keine Motivation. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Menschen es in der Regel nicht mögen, auf diese Weise gesteuert zu werden und dass externe Regulationsmaßnahmen sich negativ auf vorhandene autonome Formen der Motivation auswirken können. Organisationen, die versuchen Wissensaustausch mit externen Anreizen zu motivieren, erzeugen meist nur Pseudowissen, das qualitativ schlecht und nicht zu gebrauchen ist.

Die Organisation bestimmt das Wollen

Aus wissenschaftlichen Studien und unserer Arbeit mit Organisationen haben wir ein recht klares Bild davon, welche Bedingungen grundsätzlich welche Art von Motivation erzeugen und wie diese das Verhalten von Mitarbeitende beeinflusst. Die Herausforderung besteht darin, die konkreten Wirkmechanismen innerhalb einer Organisation zu identifizieren und geeignete Maßnahmen umzusetzen, um Motivation und Verhalten in Richtung eines erfolgreichen Wissensmanagements zu ermöglichen.

In diesem Sinne sollten insbesondere bei Tätigkeiten, die den Wissensaustausch fördern sollen, Rahmenbedingungen geschaffen werden, die autonome Motivation fördern und Rahmenbedingungen abgebaut werden, die autonome Motivation verhindern.

Beispielsweise führt wahrgenommene Arbeitsplatzunsicherheit regelmäßig dazu, dass Wissen eher zurückgehalten wird. Zum einen dient das Zurückhalten ggfs. einem Versuch sich selbst unentbehrlich zu machen und zum anderen könnte Arbeitsplatzunsicherheit schon zu einem mentalen Loslösen führen und damit verhindern, dass den Mitarbeitenden das Wohl der Organisation persönlich wichtig ist.

Ebenso können interne Wettbewerbssituationen oder Bonusanreizsysteme, die einem bestimmten Zweck dienen, ungewollt Mitarbeitende dazu motivieren, Wissen zurückzuhalten.

Auch Zeitdruck und Überlastung führen regelmäßig dazu, dass Wissen eher nicht geteilt wird.

Letztlich kann es auch sein, dass Mitarbeitende sich als Eigentümer ihres Wissens fühlen und ihren Besitzstand wahren wollen.

Grundsätzlich ist es so, dass Menschen eher Informationen austauschen, wenn sie gerne mit anderen teilen und wenn sie eher entwicklungsorientiert als leistungsorientiert sind. Das ist zwar zum Teil eine Frage der individuellen Persönlichkeit, die Organisationskultur hat dennoch einen großen Einfluss, wie sich diese individuellen Unterschiede im tatsächlichen Verhalten auswirken. Informationsaustausch ist häufig mit Risiken verbunden, z.B. wenn Fehler zugegeben oder Information geteilt werden, die sich später als fehlerhaft herausstellen. Organisationen die kulturell eher auf Leistung als auf Entwicklung bedacht sind, sanktionieren typischerweise Fehler und fehlerhafte Informationen in irgendeiner Form. Mitarbeitende sind daher eher nicht motiviert, Informationen zu teilen. In Organisationen, die auf Entwicklung bedacht sind, regieren Führungskräfte und Mitarbeitende wohlwollender auf vermeintliche Fehler und reduzieren so die persönlichen Risiken, die mit dem Teilen von Wissen verbunden sind.

Auch die Verbundenheit mit der Organisation und dem eigenen Team sind ein wichtiger Faktor für das Vorhandensein von autonomer Motivation zum Teilen von Wissen. Die Verbundenheit zur Organisation ist wiederum im Wesentlichen eine Funktion der Freude an der eigenen Tätigkeit und den sozialen Beziehungen zu den Kollegen.

Insgesamt ist es so, dass Mitarbeitende, die im Wesentlichen aus externer Motivation (Einkommen, sozialer Status) in einer Organisation arbeiten, eher weniger Organizational Citizenship Behaviour wie z.B. „Wissen teilen“ zeigen als Mitarbeitende, die im Wesentlichen aus autonomer Motivation in der Organisation arbeiten, also für die die Arbeit einen Sinn und Bereicherung an sich darstellt, weil sie Freude bringt, sie sich weiterentwickeln und etwas Sinnvolles tun.

Die Motivation der Mitarbeitenden zielgerichtet managen

Um die eigene Fähigkeit zum Wissensmanagement zu bessern, sind Organisationen also im Wesentlichen auf die autonome Motivation ihrer Mitarbeitenden angewiesen und sollten daher insgesamt darum bemüht sein, dass ihre Mitarbeitenden an sich gerne in der Organisation arbeiten. Ob oder wie gerne Mitarbeitenden in einer Organisation arbeiten, hängt viel weniger von den konkret geforderten Arbeitsergebnissen als von den Arbeitsbedingungen ab. Im Kern wollen Mitarbeitenden in der Regel

    • komplexe Tätigkeiten ausführen und dabei Kompetenz erleben und sich weiterentwickeln,
    • ein Gefühl der Autonomie und Selbstbestimmung, indem sie in Entscheidungen eingebunden werden und selbst möglichst großen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über Lösungsansätze, Arbeitsmethoden und die Priorisierung von Aufgaben haben sowie
    • Verbundenheit, Zugehörigkeit und vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen in der Organisation.

Wenn diese grundlegenden Bedürfnisse der Mitarbeitenden erfüllt werden, erleben Mitarbeitenden typischerweise autonome Formen der Motivation für Ihre Aufgaben und setzen sich freiwillig für Initiativen ein, die der Organisation helfen. Ob Mitarbeitende dieses Erleben haben, hängt überwiegend vom Verhalten des direkten Vorgesetzten ab und nur zum Teil von der Arbeitsorganisation.

Organisationen, die ihr Wissensmanagement und organisationales Lernen auf die autonome Motivation ihrer Mitarbeitenden stützen wollen, sollten wie folgt vorgehen:

    • Konkretisierung der gewünschten Verhaltensweisen (welches Wissen soll von wem geteilt werden)
    • Strukturierte Analyse der Motivationstreiber und -hemmnisse durch Interviews und Befragungen
    • Identifikation der notwendigen Maßnahmen und Veränderungen, um autonome Motivation zu ermöglichen
    • Führungskräftetrainings und -coachings
    • Moderierte Teamentwicklungsprozesse
    • Partizipative Prozesse zu Neugestaltung von Abläufen

Wissensmanagement ist kein Neben- oder IT-Projekt. Das Fundament für erfolgreiches Wissensmanagement liegt in der Organisations- und Führungskultur. Nur wenn die zu den Zielen des Wissensmanagements passen, kann organisationales Lernen in einer komplexer werdenden Welt gelingen.  

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